Die Legende des Hl. Hubertus existiert in unterschiedlichsten Versionen und Interpretationen. Auch ist sie eng verknüpft mit anderen Legenden, die allesamt das gleiche Motiv erzählen: Der wilde Jäger, dem Gott sich auf der Jagd offenbart (Vision) und der fortan geläutert und mit einem neuen Verständnis des Mitgeschöpfes Tier sein Leben und Handeln ändert.
Die Legende ist nicht an den christlichen Kulturkreis gebunden – auch im asiatischen Raum und im Orient sind ähnliche Überlieferungen bekannt. Sie alle zeugen vom kulturübergreifenden und verbindenden Element der Jagd.
In Diethard H. Klein (Hrsg.), „Das Große Hausbuch der Heiligen“, Berichte und Legenden, München 2000, wird die Hubertuslegende wie folgt berichtet:
„Als einst Hubert an einem Karfreitag mit seinem lauten Tross zur Jagd zog, warnte ihn seine Gattin und flehte ihn dringend an, den ernsten Todestag des Herrn nicht zu entweihen. Er schien von der liebevollen Warnung seiner frommen Gattin gerührt, dennoch siegte die Jagdlust. Mit seinem zahlreichen Gefolge sprengte er durch Wald und Busch, durch Wiesen und Gründe und verfolgte einen prächtigen Hirschen. Als er demselben nahe kam und schon den Bolzen nach dem Tiere abdrücken wollte, bleibt dasselbe plötzlich stehen, wendet sich nach dem Jäger, und mitten in seinem Geweih erscheint ein strahlendes Kreuz. Eine klagende Stimme ertönt: ‚Hubertus, ich erlöste dich und dennoch verfolgst du mich!‘
Hubert erbebte, warf sein Geschoß von sich und flehte innig zu Gott um Erbarmen. Darauf baute er sich eine Hütte aus Baumzweigen und Schilf und führte, von der Welt geschieden, in stiller Waldeinsamkeit ein bußfertiges, abgetötetes Leben.“
Weitere Informationen finden Interessierte unter:
www.int-st-hubertus-orden.de
Anmerkungen:
Wenn uns die Legende vom hl. Hubertus berichtet, dass ihm in einer Zeit, als keinerlei Vorschriften und Gesetze die Jagd regelten und den Tieren unmäßig nachgestellt wurde, bei der Verfolgung eines Wildtieres der Erlöser erschienen sei und er hierauf der Jagd abgeschworen habe, dann erkennen wir sehr leicht, worum es den Autoren bei der Erzählung ging: Es soll verdeutlicht werden, dass alles Streben nach Macht, Genuss, Erfolg und Reichtum nicht das wirkliche Leben des Menschen ausmacht, sondern an seinen eigentlichen Aufgaben vorbeigeht.
Die Hubertuslegende erinnert in ihrem ersten Teil daran, wohin ein Mensch geraten kann, der sich in seinen Möglichkeiten und Privilegien verliert. Der Hubertusgottesdienst und diese alte Legende sollte für uns Jäger Anlass sein, über die Verantwortung des Menschen für die Schöpfung neu nachzudenken.
Wir Jägerinnen und Jäger brauchen ein ganz besonderes Gespür für unsere Verantwortung. Denn unser Handeln ist unumkehrbar. Wenn wir uns das Beispiel des Hubertus vor Augen führen, dann sehen wir: Gesellt sich dem bewusst herbeigeführten Tod eines Mitgeschöpfes nicht so etwas wie ein wichtiger Grund, ein Sinn zu, dann bleibt dessen Tod sinnlos. Die heutige moderne Jagd ist im Gegensatz zur Feudaljagd vergangener Jahrhunderte einem Sinn verschrieben. Sie ist kein Privileg zum Zeitvertreib. Die Jagd ist verantwortliches und notwendiges Handeln.